Andrea Nahles eröffnet mit Harald Christ die Reihe „Laacher Gespräche“

Veröffentlicht am 18.05.2009 in Wirtschaftspolitik

Die Bankenchefs der Region und Wirtschaftsfachleute trafen sich zu einer angeregten Diskussion

MENDIG/MARIA LAACH: Wie sehr wird unsere Region von der Weltwirtschaftskrise betroffen sein, die jetzt in aller Munde ist? Warum sind im Gegensatz zu vielen anderen Banken die Kreissparkassen und Volksbanken unserer Region weitgehend verschont geblieben? Gibt es Indizes dafür, wann die Weltwirtschaft aus der Talsohle kommt und was müssen wir aus der Vergangenheit lernen? Zur Diskussion über „Wege aus der Krise“ waren viele Gäste am vergangenen Samstag ins Seehotel Maria Laach gekommen. Und Andrea Nahles hatte für den Auftakt ihrer Reihe „Laacher Gespräche“ den ausgewiesenen Fachmann Harald Christ, einen Unternehmer und ehemaligen Bankvorstand gewinnen können.

Andrea Nahles eröffnete das „Laacher Gespräch“ und erklärte: „Es darf keine Wiederholung dieses Kasinokapitalismus geben.“ Gleichzeitig und betonte sie mit Blick auf öffentliche Diskussionen: „Man darf Unternehmer, die Arbeit in der Region schaffen, nicht mit Managern gleichsetzen, die nur auf hohe Boni schielen. Die mittelständischen Unternehmen in unserem Lande sind bekannt dafür, dass sie langfristig und solide planen und vor allem Arbeitsplätze schaffen wollen.“

Der Bankfachmann und Berater der Regierung präsentierte zu Beginn eine umfangreiche Analyse der Entwicklung und wagte eine Prognose: „Die Krise beruhigt sich erst, wenn in den USA Ruhe einkehrt. Ich bin zuversichtlich, dass bis Ende 2009 Barack Obama dies erreicht haben wir. Von dort kommen die richtigen Signale.“ Erst wenn danach auch die Schwellenländer, allen voran China, Japan und Indien ihre Wirtschaft wieder stabilisiert hätten, „werden wir erleben, dass auch Deutschland und die EU aus der Krise heraus kommen.“ Ein Hemmschuh für Europa sei die Situation in Großbritannien und Spanien weshalb er davon ausgeht: „Europa muss sich darauf einstellen, dass es lange nicht die Wachstumsraten sehen wird wir vor der Krise.“

Für Deutschland selbst formulierte Harald Christ: „Wir müssen die Kreditvergabe wieder in Gang bekommen, sonst erleben wir eine Pleitewelle im Mittelstand wie sie die Welt noch nicht gesehen hat.“ Gleichzeitig lobte Christ die rheinland-pfälzische Politik. Sie habe die Landesbanken rechtzeitig verkauft und sich von den Heilsversprechungen großer Fonds-Unternehmen nicht beirren lassen.

Angesichts stabiler Partner, zeigte Christ sich auch mit Blick auf die regional agierenden und auf den Mittelstand konzentrierten Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken zuversichtlich, „dass wir gestärkt aus dieser Krise hervorgehen, wenn wir es jetzt richtig machen.“ Der Vertreter der Kreissparkasse erläuterte, warum gerade die Kreissparkassen in unserer Region von der Krise nicht betroffen sind. „Wir haben darauf verzichtet, riskante Aktien- und Fondsgeschäfte vorzunehmen und sind mit unseren Gewinnerwartungen auf dem Teppich geblieben“, erklärte er. Das Unternehmen mit einer Bilanzsumme von 1,5 Milliarden Euro werde mit seiner seriösen Politik vertretbarer Gewinnmargen fortfahren und sei es den Unternehmen wie Privatleuten der Region schuldig, als verlässlicher Partner auf dem Teppich zu bleiben.“ Auch Christ prophezeite: „Wer Gewinnmargen von 25 Prozent vorgibt, wird sich auch in Zukunft daran verheben.“
Der Vertreter der Volksbank bekräftigte: „Wir leben für unsere Kunden und von unseren Kunden und sind einer seriösen Geschäftspolitik verpflichtet, weil sich die Menschen hier auf uns verlassen.“ Beide Vertreter waren sich einig darin, dass auch die privaten Banken sich ähnlichen Kontrollen unterziehen müssten, wie es in den öffentlich-rechtlichen Banken seit Jahren üblich ist. Immerhin zahlten diese Banken Steuern, während die jetzt in die Krise geratenen privaten großen Banken nur in seltenen Fällen steuerpflichtig würden.

Harald Christ zeigte sich zuversichtlich, dass Deutschland mit einem blauen Auge davon kommen werde. „Die Sparquoten in Deutschland liegen noch immer zwischen 10 bis 13 Prozent. Jetzt müssen die Großen mit dazu beitragen, dass die Kreditvergaben wieder in Gang kommen. Es muss ein Ende damit haben, dass sie unvertretbar hohe Kreditrisiken fahren und von ihren Kunden nicht lieferbare Sicherheiten verlangen. Bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau liegen die Fördergelder bereit. Hier haben wir einen Abwicklungsstau, den wir auflösen müssen. Wir werden auch in Zukunft eine ausgeglichene Bilanz schaffen müssen, wenn es um die Schaffung von Liquidität, der Verhinderung einer allzu großen Inflation und vor allem Vermeidung einer Deflation in späteren Jahren geht. Hier braucht es Fingerspitzengefühl und Sachverstand in der Wirtschaft wie in der Politik.“

Was uns auf keinen Fall weiter bringe, waren sich am Ende die Beteiligten einig, sind Schuldzuweisungen: „Wir müssen jetzt erstmal sehen, dass wir das Feuer löschen und als Exportnation die im Prinzip erfolgreiche Globalisierung weiter führen“, schloss Christ. Dazu brauche es intensive Maßnahmen jetzt, aber auch eine seriöse Ursachenanalyse die helfe, künftige Verwerfungen zu verhindern.

Am Ende der Veranstaltung entspann sich eine lebhafte Diskussion über die Verantwortlichkeit von Managern, Aufsichtsräten und der Bankenaufsicht. Andrea Nahles zeigte sich erfreut über die sehr differenzierten und nachdenklichen Beiträge der Diskussion: „Wir haben heute eine Menge Sachverstand erlebt und die Erkenntnis, dass wir nur alle gemeinsam diese Krise werden bewältigen können. Ich bin sehr zufrieden damit, dass gerade auch die rheinland-pfälzische Landesregierung mit den richtigen Mitteln auf diese Krise reagiert und bin mir sicher, dass Rheinland-Pfalz insgesamt von größeren Verwerfungen nicht betroffen sein wird. Sorgen macht mir allerdings nach wie vor die Automobilindustrie. Sie gerade auch in Rheinland-Pfalz zu stärken und die Arbeitsplätze zu erhalten wird eine Herausforderung.“

 

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